Ist der Schnee geschmolzen, gehören die Berge den Wanderern. Vincent Crump kennt acht atemberaubende Pfade und verrät, wo es nach dem Marsch am besten schmeckt
ABSEITS DER TOURISTENPFADE SERRA DE TRAMUNTANA, MALLORCA
Etwa drei Kilometer östlich von Sóller, wo das Gewirr engster Gassen den Massen-Tourismus abschreckt, liegt das Örtchen Biniaraix: unser Sprungbrett in die Serra de Tramuntana, jenem Gebirgszug, der die Insel von Norden nach Süden durchschneidet.
Wir wählen eine der historisch mallorquinischen Bergwanderungen durch den Barranc de Biniaraix entlang eines mittelalter- lichen Pilgerpfads und folgen der Carrer de Sant Josep bis zu den Waschhäusern, von wo es in engen, malerischen Serpentinen bergauf geht. Nach kurzer Zeit führt ein Kopfsteinpflasterweg durch die grüne Schlucht, uralte Olivenhaine scheinen am Wegesrand fast aus den Felsen zu wachsen. Auf der Tour zum Passkreuz Coll de l’Ofre auf 875 Metern Höhe begleitet uns immer wieder ein Bergbach, bevor uns am Ziel die großartige Aussicht über den Ort Sóller und das glitzernde Meer schier überwältigt. Ein Traum.
Leicht taumelnd geht es zurück Richtung Biniaraix, von wo wir der Straße etwa 20 Minuten Richtung Osten nach Fornalutx folgen: eines der schönsten spanischen Dörfer überhaupt. Zum Mittagessen treffen sich die Einheimischen im Es Turó. Landestypisch wird dort Spanferkel, Meeresfrüchte-Paella und natürlich das bekannte Pa amb Oli, mit reichlich Olivenöl und Tomaten eingeriebenes Brot, aufgetischt. Die Strecke über Coll de l’Ofre dauert etwa viereinhalb Stunden.
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Hauptgerichte im Es Turm http://restaurante-esturo-fornalutx.com ab neun Euro, eine Nacht im DZ im Hotel Ca’n Reus in Fornalutx ab 170 Euro. http://canreushotel.com
HEIDIS WELT BERNER ALPEN, SCHWEIZ
Die malerische Atmosphäre in Kandersteg ist das perfekte Postkarten-Motiv: Uralte Bauernhäuser prägen das Dorfbild, bunt blühende Wiesen die Landschaft. In der Ferne sind Kuhglocken und ein Jodeln zu hören. Dazu startet von hier einer der schönsten Tagesausflüge in die Berner Alpen. Das Ziel: der Oeschinensee.
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Das Kalbssteak kostet etwa 35 Euro, eine Nacht im DZ des Berghotels Oeschinensee ab 145 Euro. http://oeschinensee.ch
REINIGENDE ROUTE KII-HALBINSEL, JAPAN
Besinnung, Ruhe und Schweiß – dafür ist der Kumano Kodo berühmt. Er ist einer der vielen Pilgerwege auf der Kii-Halbinsel, südöstlich von Osaka. Zypressen säumen die über tausend Jahre alten Routen, auf denen schon Kaiser, Samurai, Priester und Bauern pilgerten. Der Respekt vor den Schreinen Hongu, Hayatama und Nachi sorgt für die innere Reinigung.
Ein interessanter Rundweg dieser Region führt über den Hongu- Schrein zu einem Ryokan, einem traditionell japanischen Gästehaus. Startpunkt ist die heiße Quelle Yunomine Onsen. Vor uns liegt ein Anstieg auf 430 Meter Höhe. Es geht vorbei an strohgedeckten Teehäusern und geschnitzen Gottheiten zum Tsugizakura-Oji, einer der vielen Nebenschreine auf dem Kumano Kodo. Die Oji-Schreine bieten Pilgern eine wohlverdiente Pause zum Gebet. Immer wieder trifft man auf Menschen, die auffällige Hüte und Stöcke mit Glocken tragen, mit denen sie Bären abschrecken wollen. Der Weg führt weiter zum Funatama-Schrein am Fluss Otonashi entlang. Seine Überquerung an einer flachen Stelle sorgt für eine weitere Reinigung. Nach etwa fünf Kilometern mit mehreren Oji- Möglichkeiten offenbart sich einem der unvergessliche Blick auf das Tor Oyunohara: der Eingang zum Hongu-Schrein, dem Hauptschrein der insgesamt 3000 Kumano-Schreine. Ein würdiger Höhepunkt der fünfstündigen Wanderung. Nach Yunomine Onsen zurück sind es drei Kilometer. Nach einem entspannenden Bad in der heißen Quelle wird im Ryokan Azumaya zum Dinner Sashimi, gegrillter Fisch und Sukiyaki mit Rindfleisch oder Tofu serviert.
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15-tägige Erlebnisreise mit Tageswanderungen auf dem Kumano Kodo inkl. Flug von Frankfurt, Übernachtungen und deutscher Reiseleitung ab 4680 Euro pro Person. http://reisenmitsinnen.de
FILMREIFE KULISSE MAINE, USA
Die Aussicht vom Gipfel des Sargent Mountain ist unvergesslich und eigentlich filmreif. Er zählt zu den höchsten Punkten des Acadia-Nationalparks, dessen größter Teil auf Mount Desert Island vor der Küste von Maine und südlich von Bangor liegt.
Ausgangspunkt des fünfstündigen Rundgangs ist das Teehaus Jordan Pond House, einst Treffpunkt der High-Society um John D. Rockefeller. Der Weg führt durch luftige Höhen und eine Landschaft, die von Farnen, Gräsern und Wildblumen geprägt ist. Wenn es Herbst wird, präsentiert sich die Region in den unglaublichsten Rottönen. Und im Sommer? Da wachsen hier genug Blaubeeren, um einen eigenen Kuchen zu backen. Typisch amerikanisch eben.
Auf dem Spring Trail geht es Richtung Osten durch den Wald. Mal führt der Weg über Felsblöcke aus Granit, dann wieder über ganz schmale Pfade. Es ist ein ausgesprochen erhabenes Gefühl vom Penobscot Mountain über die Baumwipfel zu blicken, ganze 300 Meter über dem Ausgangspunkt. Von hier sind es noch etwa eineinhalb Kilometer bis zum Gipfel des Sargent Mountain. Der Weg führt vorbei am Sargent Mountain Pond, von den Locals oft Lake of Clouds genannt. Wer mag, nimmt ein erfrischendes Bad. Am Ziel angekommen erwartet uns dann das Highlight: Lärchen, Ahornbäume, Zedern, Fichten, Birken und Eichen bilden einen spektakulären Rahmen für die vielen Inseln, den Ozean und seine Fjorde. Zurück geht es über den Jordan Cliffs Trail zum Teehaus. Die Spezialität hier: Popover à la mode – muffin-ähnliche Teilchen, die mit Pfirsich-Eis und Blaubeeren serviert werden.
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Ein Drei-Gänge-Menü im Jordan Pond House http://acadiajordanpondhouse.com kostet etwa 23 Euro, eine Nacht im DZ im Primrose Inn ab 190 Euro. http://primroseinn.com
ROMANTISCHE ROUTE ABRUZZEN, ITALIEN
Welches das romantischste Dorf Italiens ist? Ganz klar: Santo Stefano di Sessanio. Ein Labyrinth aus weißen Kalksteinhäusern im Gebirgsmassiv Gran Sasso in den Abruzzen. Fast könnte man meinen, hier oben warte Rapunzel in ihrem Turm auf ihren edlen Retter, so verwunschen und märchenhaft wirken die mittelalterlichen Häuser mit ihren schmalen Erkern.
Das Örtchen liegt auf der Rückseite des Corno Grande, der höchsten Erhebung des Apennin. Ganz in der Nähe befindet sich das Campo Imperatore, ein beckenförmiges Hochplateau, auf dem Schafe weiden und Wanderer knietief in Wildblumen versinken. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren viele der Häuser verlassen und drohten zu zerfallen, doch wohlhabende Wochenend-Urlauber aus Rom sanierten die alten Gebäude. Und auch die lokalen Berglinsen feiern mittlerweile ihr Comeback als Slow-Food. Zu Ehren der Spezialität wird alljährlich im September sogar ein Festival gefeiert.
Noch mehr Romantik bietet eine etwa fünf Kilometer lange Wanderung gen Osten. Dort schimmert am Horizont die Rocca Calascio: die auf 1460 Metern liegende, höchste Festung des Apennin, die auch als Kulisse für den Film Der Name der Rose mit Sean Connery diente. Unterhalb der Burg lockt das Rifugio della Rocca mit herzhaften Gerichten wie Pasta in Wildschwein-Sauce. Richtung Norden geht es zurück nach Santo Stefano. Die zehn Kilometer lange Wanderung dauert etwa drei Stunden.
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Eine Nacht im DZ des Hotels Rifugio della Rocca kostet ab 95 Euro, ein Vier-Gänge-Menü im hauseigenen Gourmet- Restaurant ab etwa 32 Euro. http://rifugiodellarocca.it
WILDNIS PUR PYRENÄEN, FRANKREICH
Auf den ersten Blick sieht die Umgebung wie völlig unzugängliche Wildnis aus, der See glitzert wie eine blaue Pfütze zwischen den bis zu 3000 Meter hohen Bergen. Doch der erste Blick täuscht: Der Lac d’Estom liegt in einer Region der Pyrenäen, für die Wanderer lediglich gute Knie brauchen. Entlang des Flusses Gave de Lutour, der aus dem Hochland kommend gen Norden fließt, geht es nur leicht bergauf, bevor der Weg dann durch eine Gletscherschlucht führt. Absolut atemberaubend.
Für die Lutour-Strecke brauchen Wanderer in der Saison von Juni bis Oktober etwa sechs Stunden. Startpunkt ist der Kurort Cauterets, der etwa 30 Kilometer von Lourdes entfernt liegt. Auf dem Chemin des Pères in der Nähe der Thermes de César geht es in südliche Richtung. Durch Buchenwälder führt die Route von La Raillère nach La Fruitière – hier ist der Eingang zur Schlucht, der zugleich eine gute Möglichkeit zur Rast bietet.
Von dort schlängelt sich der Pfad an Felswänden und kleinen, sanft plätschernden Wasserfällen vorbei. Hier und da sehen wir cremefarbene Rinder grasen. Nach einer Weile taucht am Horizont der 2976 Meter hohe Pic de la Sede auf. Die Route wird etwas steiler, während der See immer näher rückt. Das Refuge d’Estom ist die nächste Möglichkeit für eine verdiente Pause. Immerhin ging es bis jetzt 400 Meter bergauf. Auf dem gleichen Weg geht es später nach La Fruitière zurück, wo Jean und Anne Valéry Spezialitäten wie Forelle in Zitronenbutter und Weidelamm servieren.
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Eine Nacht im DZ der L’hôtellerie de la Fruitière kostet ab 120 Euro, das Abend-Menü 19 Euro. http://hotelleriedelafruitiere.com
HOCHPROZENTIGE TOUR SPEYSIDE, SCHOTTLAND
Umgeben von Wäldern und direkt am Fluss Fiddich gelegen versteckt sich Dufftown: eine zauberhafte Ortschaft, die buchstäblich von Whisky überflutet ist. Hier haben unter anderem die Brennereien Balvenie und Glenfiddich, der König der berühmten Speyside Malts, ihren Sitz. Selbstredend, dass eine ausgiebige Führung inklusive Verkostung hier Pflicht ist.
Aber erst wird geklettert. Von fast überall in der Region Speyside ist der 840 Meter hohe, zum Großteil mit Eis bedeckte Berg Ben Rinnes zu sehen. Zehn Minuten dauert die Fahrt von Dufftown über die B9009 zum Parkplatz. Von dort führt ein schmaler Pfad weiter, an dessen Ende Wanderer mit einer umwerfenden Aussicht über die Bucht Moray Firth im Norden sowie einige der mächtigsten Berge Schottlands im Süden belohnt werden.
Eine weitere Entschädigung für den zweistündigen Zickzack- Kurs bis zum Gipfel ist das Panorama auf nicht weniger als acht Grafschaften. Etwa eine Stunde dauert der Abstieg über densel- ben Weg. Im Restaurant A Taste of Speyside unter der Turmuhr von Dufftown werden schottische Spezialitäten gereicht: etwa in Whisky getränkter Haggis oder Wild aus der örtlichen Räucherei Glenlivet. Sehr empfehlenswert ist auch die Liebhaber-Sammlung an einzigartigen Malts – was auch sonst?
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Eine anderthalbstündige Führung durch die Brennerei Glenfiddich glenfiddich.com inkl. Verkostung kostet knapp 13 Euro pro Person, ein Drei-Gänge-Menü im A Taste of Speyside http://atasteofspeyside.com etwa 29 Euro, eine Nacht im DZ der Mash- Tun-Whisky-Bar ab 140 Euro. http://mashtun-aberlour.com
LUFTIGE HÖHEN LADAKH, INDIEN
Erst einmal ein tiefer Atemzug ... Natürlich ist der leichte Marsch vom Dörfchen Stok nicht vergleichbar mit einer Wanderung auf den hohen Himalaya-Pässen, die um das Indus-Tal in Ladakh in den Himmel ragen. Dennoch verlangt die Höhe von 3600 Metern dem Körper so einiges ab. Wir entscheiden uns für die Route durch das rare, fruchtbare Land in dieser hochgelegenen Steppenregion, vorbei an weiß gestrichenen Lehmhäusern, in denen alteingesessene Familien zusammen mit ihrem Vieh leben.
Auf den schmalen Pfaden entdecken wir immer wieder zum Trocknen ausgelegte Haufen von Tierkot, die während der eisigen Winter für die Energieerzeugung genutzt werden. Überall stehen sogenannte Chörten, kleine Tempelchen mit breiter Basis und Turm, und am Wegesrand grasen die heimischen Dzos, eine Kreuzung aus Yak und Kuh. Wer nach links über die Weizenfelder und Sonnenblumen sieht, erblickt den 6153 Meter hohen Gipfel des Stok Kangri. Nach etwa einer Stunde erscheint der Stok-Palast vor uns – einst Heimat der königlichen Familien. Von hier haben Besucher eine fantastische Aussicht über den Fluss Indus und die Hauptstadt der Region Leh.
Das Palastmuseum lädt zu einer kurzen Verschnaufpause ein. Dann führt ein idyllischer Weg zurück nach Stok. Die Wanderung dauert etwa drei Stunden, im Anschluss erwarten uns im Obstgarten des Ortes frische, süße Aprikosen. Herausragend gut schmecken auch die typischen Currys mit Huhn oder Rindfleisch, für unterwegs empfehlen sich Dals sowie Reis- und Butter-Naans. Landakh kann gut auf eigene Faust erkundet werden, vor Ort können aber auch lokale Tour-Guides gebucht werden. Ein luxuriöses Rundum- sorglos-Paket lässt sich von Deutschland aus organisieren ...
Travel Details
Sieben Nächte inkl. Vollpension mit Führungen, Transport, Rafting und Transfers über http://shaktihimalaya.com ab 3400 Euro pro Person. Sehr empfehlenswert ist die zehntägige Erlebnisreise inkl. Flüge, Übernachtungen, Verpflegung und deutschsprachiger Reiseleitung ab 7790 Euro pro Person im DZ. http://windrose.de