Fein geschnitten im Salat, gekocht im Borschtsch oder als Topping auf Burgern – diese pinkfarbene Dame ist richtig vielseitig, wie Clarissa Hyman zeigt
Zugegeben, die Zubereitung von Roter Bete ist schon eine etwas mühselige Arbeit. Und manch einer denkt beim anschließenden Blick in die Küche: Hier muss gerade ein Massaker stattgefunden haben. Unsere Hände sind tiefrot, die Geschirrtücher sehen aus, als hätten wir damit Blut weggewischt. Nicht zu vergessen: die roten Spritzer auf Kleidung und Küchenutensilien. Da fragen sich viele nicht ganz zu Unrecht: Lohnt sich dieser Aufwand überhaupt? Ich behaupte: unbedingt! Das Gemüse ist absolut köstlich und dazu enorm vielseitig. Kein Wunder, dass es gerade ein riesiges Comeback feiert.
Selbst die eingelegte Variante schmeckt heute nicht mehr ausschließlich nach Essig und lässt uns den Mund verziehen. Mittlerweile wurden moderne Methoden entwickelt, um ihren natürlich würzigen Geschmack zu erhalten. Und so wird die Rote Bete zu einer verführerischen Zutat im grünen Wintersalat, harmoniert aber auch bestens mit Walnüssen und Orangen.
Die wahre Offenbarung aber steckt im marktfrischen Produkt. Die bekannte Food-Autorin Sybil Kapoor vergleicht Rote Bete gern mit kleinen, parfümierten Zuckerwürfeln, schwenkt die gekochten oder gebackenen Rüben einfach in Butter oder lässt sie in der Flüssigkeit eines Lammbratens vor sich hin schmoren. Auch zu Wild oder Innereien passt Rote Bete hervorragend, alternativ gart man sie einfach leicht gewürzt im Backofen. Sehr lecker ist diese Variante: Die Knolle mit Steinsalz, Kräutern und Gewürzen in eine Form geben, mit etwas Olivenöl beträufeln und ab ins Rohr. Für einen noch intensiveren Geschmack kann man das Gemüse mit Kräutern und Olivenöl in Folie gewickelt backen. In Osteuropa und Skandinavien ist Rote Bete schon immer besonders beliebt gewesen, wo sie im typischen Eintopf Borschtsch verarbeitet oder zu Kartoffeln, Äpfeln und Hering gereicht wird.
Der wohl wichtigste Tipp bei der Verarbeitung ist folgender: Strunk und Wurzeln müssen zwar entfernt, dürfen aber nicht ganz abgeschnitten werden, sonst blutet die Knolle buchstäblich aus. Ist sie einmal gekocht, lassen sich die Haut und der Stiel ganz leicht abziehen. So kann man übrigens auch testen, ob die Rote Bete gar ist, wobei man dabei immer Handschuhe tragen sollte.
Es gibt auch hübsche Züchtungen, die goldgelb oder weiß sind. Geschmacklich macht es überhaupt keinen Unterschied, rein optisch aber verwandeln die bunten Varianten jeden Salat in einen echten Hingucker. Vorsicht: Die Beten müssen getrennt voneinander zubereitet werden, damit sie sich nicht gegenseitig verfärben. Neben verschiedenen Varianten wie etwa der Burpees Golden, der Albina Vereduna oder der Bull’s Blood kann man auch bei der Form wählerisch sein. Ob rund, länglich oder ach – das Angebot ist wirklich enorm. Zu den interessantesten Sorten zählt die Chioggia, die ihr wunderschönes, rot-weiß geringeltes Muster zeigt, wenn man sie aufschneidet. Am besten verarbeitet man sie roh, da sie beim Kochen ihre tolle Optik verliert.
Wer Rote Bete auf dem Markt kauft, sollte auf eine feste Textur achten. Auch unförmige Wurzeln sollte man meiden, da ihre Konsistenz schlecht sein kann, egal wie akribisch man bei der Zubereitung vorgeht. Was die inneren Werte angeht, ist die Knolle ein echtes Superfood, punktet mit Vitaminen und Mineral- stoffen wie Kalium und Eisen, ist gut für unser Herz, fürs Blut und soll sogar Krebs vorbeugen. Roh verzehrt bekommt unser Körper die meisten dieser Superstoffe, alternativ rate ich zum Dämpfen, damit möglichst viele Nährstoffe erhalten bleiben.
Die Blätter der Roten Bete standen übrigens schon vor Hunderten von Jahren auf dem Speiseplan unserer Vorfahren. Die ersten Aufzeichnungen über die Knolle stammen aus dem 13. Jahrhundert. Die runde Wurzel, wie wir sie heute kennen, etablierte sich im 16. Jahrhundert unter dem Namen Römische Bete, die vermutlich von Flüchtlingen nach Italien gebracht wurde.
1597 schrieb der englische Botaniker John Gerard ausführlich über die gesunden Eigenschaften des Gemüses und erwähnte auch die ausgesprochen zahlreichen Möglichkeiten der Zubereitung. Im 19. Jahrhundert zählte Rote Bete zu den ganz alltäglichen Gemüsesorten. Ein Frühstücksrezept für gebratene Rote Bete ndet sich bereits in einem viktorianischen Kochbuch, ein anderes erklärt, wie man ein gutes Rote-Bete-Sandwich kredenzt. Auch im Kuchen macht sich die Knolle übrigens ganz hervorragend. Unvorstellbar? Ja, das haben wir bis vor wenigen Jahren auch über Zutaten wie Möhren und Zucchini gedacht.
Der britische Autor John Evelyn erwähnte schon im 17. Jahrhundert, dass gekochte und in feine Scheiben gehobelte Rote Bete eine nicht nur wunderschöne, sondern auch ausgesprochen köstliche Zutat für einen aromatischen Wintersalat ist. In Frankreich und Italien schnitzen die Köche sogar kleine Kunstwerke aus der gegarten Knolle. Ob das nicht eine Idee für einen Wettkampf wäre? Ich fange mal mit dem Training in meiner Küche an ...
Wit and Wisdom
- Der Saft der Roten Bete ist ein toller Farbstoff, mit dem man etwa Nudeln, Brot oder Kuchenglasur einfärben kann.
- Rote Finger bekommt man leichter sauber, wenn man sie vor dem Waschen mit Zitronensaft und Salz abreibt.
- Im 18. Jahrhundert experimentierten Köche gern mit Roter Bete und kreierten zum Beispiel pinkfarbene Pfannkuchen.
- Rote Bete ist mit Zucker- und Futterrüben sowie verschiedenen Arten von Mangold verwandt.
- In Australien und Neuseeland ist Rote Bete schon seit den 1930er-Jahren fester Bestandteil eines leckeren Burgers. Sie sollte aber erst ganz zum Schluss auf den Snack gelegt werden.
- Im unteren Teil des Kühlschranks hält sich Rote Bete mehrere Wochen, wenn vorher die Spitzen abgemacht wurden. Sonst wird sie schleimig.
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