Erbsen In Season

Eat British produce when it’s at its best.

Erbsen

Sommerzeit, Erbsenzeit: Clarissa Hyman knackt die Schoten dieser leckeren Hülsenfrucht, und erforscht ihre vielfältigen Verwendungen und Arten

In Mitteleuropa waren Erbsen seit jeher ein sehr bäuerliches Essen. Als der Regency-Promi Beau Brummell gefragt wurde, ob er denn schon jemals Gemüse gegessen habe, soll er lakonisch geantwortet haben: „Ich habe einmal eine Erbse gegessen.“

Das größte Dilemma der Erbsen besteht jedoch darin, wie man sie am besten isst. Elegante Tischsitten treffen auf Funktionalität: ob man sie nun aufspießt oder einschaufelt, einzelne Erbsen auf dem Teller mit gesenkter Gabel herumjagt oder auflöffelt, bevor man sie zum Mund führt – jeder weiß, wie schwer sie zu essen sind. Ich fordere jeden heraus, mehr als 100 Erbsen mit weniger als vier Gabeldurchgängen zu essen (mal ganz abgesehen davon, ob man überhaupt 100 Erbsen essen mag), womit dann wohl alles gesagt wäre.Das richtige Werkzeug für eine Arbeit zu finden, ist immer eine Herausforderung, das war schon im 18. Jahhundert schwierig.

Damals aßen die Engländer ihre Erbsen von einem Messer mit abgerundeter Spitze. Und wie Elizabeth Gaskell in ihrem Roman Cranford schrieb, konnte man auch versuchen, sie einzeln mit einer zweizinkigen Gabel aufzuspießen, sie einsam und ungekostet am Tellerrand zurücklassen oder, zum Teufel mit der Vornehmheit, aufs Messer häufen.

Die verstorbene Schriftstellerin Alice Thomas Ellis beschrieb einmal die Erbsengabeln ihres Großvaters, die wie Löffel mit vier kleinen Zinken aussahen. Be- merkenswerterweise ähneln sie dem zeitgenössischen, unheilvoll Sporks genannten (von spoon = Löffel und fork = Gabel) Essbesteck, das sich außerhalb von Fast-Food-Ketten aber nie durchsetzen konnte.

Erbsen gehören zu den ältesten kultivierten Feldfrüchten und sind unheimlich vielseitig: Im römischen Kochbuch des Apicius sind allein neun Erbsenrezepte aufgeführt, obwohl man sie jahrhundertelang gewöhnlich trocknete und dann in Suppen und Eintöpfen wiederbelebte. Auf diese Weise waren Erbsen haltbar und konnten einfach transportiert werden. Außerdem waren sie nahrhaft und billig.

Erbsen sind Mitglied einer riesigen Familie von Hülsenfrüchten und ihr Name dient als Überbegriff für viele Pflanzen, deren Samen in Hülsen vorkommen. Erbsenhülsen, die an kletterndem Schlingkraut wachsen, enthalten in der Regel zwei bis zehn runde, süße Samen. Es gibt Sorten, die hauptsächlich für ihre Hülsen kultiviert werden, andere sowohl für Hülsen und Samen, während Edelwicken für ihre hübschen Blüten gepflanzt werden.

Auf den Geschmack von frischen Gartenerbsen sind wohl zuerst die Italiener des 14. Jahrhunderts gekommen. Dort wurden sie piselli novelli genannt. In Frankreich wurden sie dann als petits pois bekannt. Sie sind nichts anderes als sehr jung geerntete normale Erbsen.

Die Erbsenverarbeitung erweckt Bilder eines ländlichen Idylls: an einer schattigen Stelle vor der Küchentür eines strohgedeckten Bauernhauses mit einer Schüssel auf dem Schoß sitzen, die Schoten langsam knacken und die Erbsen mit dem Daumen herauslösen. Dabei ist es Brauch, dass man die Hälfte der Erbsen gleich selbst isst.

Kommerzieller Erbsenanbau findet heute allerdings in industrieller Größenordnung statt. Moderne Sorten sind so gezüchtet, dass die Hülsen gleichzeitig auf zwergwüchsigen Pflanzen reifen und einfach von Maschinen geerntet werden können. Diese Sorten sind hauptsächlich für das Gefrierfach bestimmt: genau zu dem Zeitpunkt geerntet, wenn die Hülse knackt. Ihre Größe ist einheitlich und ihr Geschmack konsistent – ein notwendiger Ersatz für alle, die keinen Gemüsegarten haben, denn Erbsen verfallen bereits nach Stunden, nicht Tagen. Ihr natürlicher Zuckergehalt ver- wandelt sich schnell zu Stärke.

Nach dem Siegeszug der Konservendose Ende des 19. Jahrhunderts wurden Erbsen zu einem der beliebtesten Dosengemüse überhaupt. Der Prozess des Erhitzens zerstört jedoch das Chlorophyll-Grün, wodurch die Erbse dann einen fahlen Khakiton annimmt, dem manchmal mit hellgrüner Lebensmittelfarbe entgegengewirkt wird.

Auch wenn wir inzwischen ganzjährig Erbsen genießen können – tiefgekült und als Konserven – stehen uns heute nur noch wenige Formen, Größen und Geschmacksrichtungen zur Verfügung. Ein trauriger Vergleich zum goldenen Zeitalter der Erbse im Frankreich des 19. Jahrhunderts, als Gärtner zwischen hunderten von Sorten wählen konnten.

Doch obwohl viele verloren gingen, gibt es noch einige: Die Alderman ist ein seltenes Beispiel der ursprünglichen Riesenerbse. Sie kann bis zu zwei Meter hoch wachsen, ist sehr ertragreich und hat einen fantastischen Geschmack, sogar wenn die Erbsen murmelgroß werden. Die Champion of England ist eine außerordentlich wachstumsstarke Pflanze, deren Erbsen zart und süß sind. Im Vergleich zu vielen anderen Sorten ist sie auch in feuchter und heißer Umgebung ertragreich. Die Duke of Albany ist noch eine viktorianische Erbse, die bis zu drei Meter hoch ranken kann und oft zehn köstliche Erbsen per Hülse hat. Eine Erbse von 1925, die Kleinwüchsigkeit mit Ertragsreichtum verbindet und heute noch bei Schrebergärtnern beliebt ist, heißt Wunder von Kelvedon. Wer keine alten Sorten findet, kann verfügbare Sorten wie Lincoln, Waverex oder Hurst Greenshaft setzen.

Die Hülsen herkömmlicher Gartenerbsen haben raue innere Fasern, die sie ungenießbar machen, obwohl sie ihren Geschmack an Suppen abgeben. Flache oder runde Zuckerschoten haben zarte Hülsen, die, wenn sie jung sind, mitsamt Schote und kleinen Erbsen gegessen werden können, deshalb der in England verwendete französische Name Mangetout: alles essen. Erbsenblätter, -stängel und -ranken sind seit kurzem bei Modeköchen ein Muss geworden. Roh gegessen oder leicht gekocht haben auch sie einen ausgezeichneten erbsenähnlichen Geschmack.

Im Juni erfreuen die Worte „junge grüne Erbsen“ das Ohr und regen den Appetit an. Meiner Meinung nach ist die beste Art, Erbsen zu kochen, die einfachste: Ihr Geschmack und ihr Aroma sind so zart, dass alles außer einer Butterflocke überflüssig wird.

Vielleicht mit Ausnahme ein Paar Blätter frischer Minze, man fügte sie ursprünglich bei, um Blähungen zu vermeiden. Reichen Sie mir doch bitte die Spork?

Wit and Wisdom

  • Das Erbsenfieber ergriff eine Zeit lang den Hof des Sonnenkönigs Ludwig XIV. Man aß die jungen frischen Erbsenschoten besonders gerne vor dem Zubettgehen.
  • Das Sprachbild „sich wie zwei Erbsen gleichen“ ist schon seit dem 16. Jahrhundert geläufig.
  • Kapuzinererbsen (oder graue Erbsen) sind große, stärkehaltige Erbsen. Erbsenpüree ist aus ähn- lichen Erbsen gemacht. Beide werden mit Laugensalz behandelt, um sie weicher zu machen.
  • Die französischen Städte Saint- Germain und Clamart waren für ihre „petits pois“ so berühmt, dass ihre Namen als Zubereitungsmethoden verewigt wurden.
  • Geben Sie gefrorene Erbsen in einen Topf ohne Wasser. Geben Sie ein Stück Butter hinzu, eine Prise Salz und rühren Sie bei niedriger Hitze, bis die Erbsen aufgetaut sind. Sie werden dann perfekt gekocht sein.
  • Als Schulkinder bei einer Um- frage sagen sollten, woher Erbsen kommen, antwortete die Mehrzahl: „aus dem Gefrierfach“.
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