Diese prallen Früchte mit ihrer glänzenden Haut waren in der Antike unverzichtbar. Heute sind sie ein gesunder Snack und passen toll zu herzhaften Gerichten, findet Clarissa Hyman
Recipes
Walnuss-Dattel-Kuchen mit Rum-Creme und Knusper-Walnüssen
Madeira-Schweinefleisch-Kasserolle mit Datteln
Würzige Käse-Galettes mit Medjool-Datteln
Manch einer denkt bei diesem Thema womöglich pauschal an klebrige, viel zu süße Trockenfrüchte. Allerdings völlig zu Unrecht, ist Dattel doch schließlich nicht gleich Dattel. Da gibt es jene, die in einer mit weißem Papier ausgelegten Schachtel präsentiert werden. Die Box selbst ist meist mit Palmen, Kamelen und orientalischen Schriftzeichen verziert. Aber auch, wenn diese Verpackungen edel und qualitativ hochwertig anmuten – ihr Inhalt ist geschmacklich leider kein Highlight. Dabei gibt es durchaus Datteln, die mit zarten Aromen von Karamell und braunem Zucker süchtig machen können. Etwa die frischen und halbtrockenen Exemplare, die jetzt in den Herbst- und Wintermonaten wieder Saison haben. Ihr Geschmack hat wahrlich wenig mit dem jener in den kitschigen Verpackungen zu tun.
Gute Datteln sind aber nicht nur köstlich, sondern in vielen Wüstenregionen dieser Welt ein Grundnahrungsmittel, weil die Dattelpalme, von der die Früchte stammen, nur geringe Ansprüche an ihre Umgebung stellt. Selbst auf sandigem Lehm gedeiht sie prächtig, lediglich ihre Wurzeln müssen immer im Wasser sein. Die reichen bis zu sechs Meter tief in die Erde und versorgen sich mit Grundwasser. Sollte das nicht reichen, werden sie künstlich bewässert. Zu den größten kommerziellen Produzenten zählen Ägypten, Saudi-Arabien, Pakistan, der Iran und Irak. Aber auch in Israel und Kalifornien werden Dattelpalmen angebaut. Bis zu 30 Meter kann so eine Palme in die Höhe ragen. Eine stattliche Größe, die die Ernte der Früchte nicht gerade leicht macht. Deshalb werden die Palmen meist beschnitten, sodass sie maximal eine Höhe von 15 Metern erreichen.
Es gibt weit über 1000 verschiedene Dattelsorten. Allein in Basra im Südirak zählt man etwa 350 Arten. Im Allgemeinen werden die Früchte in drei Kategorien unterteilt: weich, hart und halbtrocken. Die weichen, saftigen Datteln werden am liebsten frisch gegessen. Auch wenn ein Teil der Ernte getrocknet wird. Meist werden sie am Zweig verkauft und sollten prall, glatt und glänzend aussehen. Erhältlich sind sie zwischen November und Januar. Bei Raumtemperatur halten sie sich einige Wochen, im Kühlschrank können sie sogar mehrere Monate gelagert werden.
Die Medjool-Datteln haben nicht nur eine enorme Größe, sondern auch eine sehr cremige Textur. Sie sind eigentlich viel zu schade zum Kochen und schmecken am besten pur mit einem Stück jungem Weichkäse. Die Sorte Barhi ist etwas knackiger, sehr aromatisch und ein idealer Snack für zwischendurch. Halbtrockene Datteln werden oft an einer Art Spieß in einer Schachtel angeboten. Ihre Haut ist zwar etwas verschrumpelt, sie sollten aber immer noch saftig sein und nach Honig schmecken. Die bekannteste Sorte ist die Deglet Noor. Sie stammt aus Tunesien, ist relativ groß und hat ein ausgesprochen nussiges Aroma. In Nordafrika gehört sie klassisch in eine Hähnchen-Tajine und in Reisgerichte. Aber auch in Desserts macht sie sich ganz ausgezeichnet, etwa mit einer Füllung aus Mandeln, Pistazien und Marzipan. Trockene Sorten wie die Thoory werden gelegentlich auch gepresst oder in Pulverform angeboten, weshalb man sie vor dem Verzehr erst einweichen lassen muss, damit sie genießbar werden.
Die Dattelpalme gehört übrigens zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Vor allem für die Nomaden und Oasenbewohner Arabiens waren die Früchte ein wichtiger Bestandteil der Ernährung. Doch schon damals war die Pflanze mehr als nur Essenslieferant: Wissenschaftler glauben, dass es für sie über 800 verschiedene Einsatzmöglichkeiten gab. Die zuckerreichen Früchte versorgten die Menschen mit natürlicher Energie, während die Blätter genutzt wurden, um Häuser abzudecken, Böden auszulegen oder Körbe zu flechten. Aus den Baumfasern wurden strapazierfähige Seile hergestellt, der Saft der Früchte wurde zu Schnaps vergoren. Die Dattelkerne dienten als Brennstoff, und die Melasse, von der viele Gelehrte glauben, aus ihr würde biblischer Honig gemacht, wird noch heute in der Türkei als Pekmez und in arabischen Ländern als Dibs in Gläsern verkauft – ein naturbelassener Süßstoff. Kein Wunder also, dass die Dattelpalme auch als Baum des Lebens im Garten Eden bezeichnet wird.
Als Luxusartikel galten in der Antike die Datteln aus Jericho, die von dort auch in das antike Rom exportiert wurden. Von damals stammen bereits Rezepte des römischen Feinschmeckers Apicius, der Datteln mit Fleisch kombinierte und die Früchte als Süßungsmittel verwendete. Eine besondere Bedeutung haben Datteln heute nach wie vor für Muslime. Während des Ramadan wird das Fasten traditionell nach Sonnenuntergang mit einer Schüssel Datteln und einem Glas Wasser gebrochen. Auch Harira, eine marokkanische Suppe, die es während des Ramadan gibt, wird klassisch mit Datteln serviert.
Ich erinnere mich gern an den Moment, als ich unter einer Dattelpalme im Nahen Osten stand und die Zweige mit den dicken Früchten sah. Kein Wunder, dass die Palmzweige in der Bibel ein Zeichen von Ruhe und Frieden sind. Und ein klebriger Leckerbissen sind die Früchte allemal.
Wit and Wisdom
- Die Dattelpalme ist entweder männlich oder weiblich.
- Frische Datteln enthalten rund 54 Prozent Zucker und sieben Prozent Protein. Getrocknet haben sie eine noch höhere Konzentration.
- Die Früchte wachsen an der Spitze der Palme in großen Trauben von bis zu 1000 Datteln.
- In Deutschland kommen die meisten Datteln aus Tunesien, 2015 waren es insgesamt 16.300 Tonnen. Wir sind also auf den Geschmack gekommen.
- Aus einem 2000 Jahre alten Samen haben israelische Forscher eine Dattelpalme herangezogen.
- Die Marsch-Araber im Süd-Irak zerstoßen Datteln zu einem Mus und verteilen diesen auf Fisch, der dann über Holzkohle geröstet wird.
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