Pastinaken In Season

Eat British produce when it’s at its best.

Pastinaken

Mal süß, mal deftig: Diese Wurzeln sind ausgesprochen vielseitig und sorgen bei Kälte für ein wohlig warmes Gefühl, sagt Clarissa Hyman

Sie ist ein echtes Allroundtalent in der Küche: köstlich im Gratin, herzhaft im deftigen Eintopf oder elegant in einer feinen Suppe. Schade eigentlich, dass die Pastinake in Deutschland so lange in Vergessenheit geraten ist, denn sie ist in ihrer Zubereitung unglaublich vielfältig.

Dabei war das Wintergemüse bis weit ins 18. Jahrhundert in deutschen Küchen noch ein Grundnahrungsmittel. Doch dann kamen wir auf den Geschmack von Kartoffeln, und Pastinaken verschwanden von den Speiseplänen. Ganz anders in Ländern wie England, Frankreich und den USA, wo die Wurzel schon immer sehr geschätzt wurde. Und das zu Recht. Nun feiert das Gemüse aber auch hierzulande ein grandioses Küchen-Comeback.

Die kultivierte Form, Pastinaca sativa genannt, entstand aus wilden Pastinaken, die in ganz Mittel- und Südeuropa verbreitet waren und schon bei den Römern als sogenannte Germanenwurzel auf den Tisch kamen. Im Mittelalter waren Pastinaken vor allem wegen ihres hohen Zuckergehalts beliebt, denn Rohrzucker galt damals als ein rares Luxusprodukt, das importiert werden musste. Honig war zwar eine Alternative, aber sehr teuer. Die günstige Variante: Man zerkleinerte die Pastinaken, drückte den Saft heraus und kochte diesen ein, bis ein dickflüssiger, honigähnlicher Sirup entstand. Etwas ungewöhnlich, aber durchaus auch möglich ist die Herstellung von Wein und Bier aus Pastinaken. Man kann sie auch zu Marmelade einkochen oder in süßen Puddings und Kuchen verarbeiten.

Bevor die Kartoffeln in Europa populär wurden, waren Pastinaken die wichtigsten Stärkelieferanten. Sie wurden gekocht oder gebraten, wobei die Zubereitung in der Pfanne den Zucker karamellisieren lässt, sodass der süße Eigengeschmack stärker in den Vordergrund tritt. In England waren Pastinaken während der Regentschaft von Königin Elisabeth I. besonders angesagt und kamen mit viel Butter und Ingwer auf den Tisch. Der Naturforscher John Evelyn empfahl im 17. Jahrhundert, die Pastinaken erst zu kochen und anschließend mit Essig und Öl zu einem lauwarmen Wintersalat zu verarbeiten. Und von der britischen Kochbuchautorin Hannah Glasse erschien um 1740 folgendes Rezept: Zum Kabeljau mit hartgekochten Eiern bereitete sie ein Püree aus gekochten Pastinaken mit reichlich Butter und Sahne, wie es auch heute wieder in vielen Restaurants, ja, selbst in Sterne-Restaurants, serviert wird.

Aus Frankreich stammt ein Klassiker der Landküche: Pot-au-feu ist ein deftiger Eintopf mit Pastinaken. In Italien hingegen ernten die Wurzeln weniger Respekt, sondern dienen vornehmlich als Futter für die Schweine, die für den berühmten Parma- oder den San-Daniele-Schinken gezüchtet werden. Ähnlich begehrt wie bei den Briten sind sie dafür aber wiederum bei den Amerikanern: An Feiertagen wie Thanksgiving und Weihnachten dürfen glasierte Pastinaken nicht fehlen. Früher waren die Knollen oft der Hauptbestandteil einer Mahlzeit: Dazu gab es Speck oder eine Stückchen Schweinefleisch. Mehr brauchte man nicht. Kein Wunder, dass kreative Köche in aller Welt heute mehr denn je mit dem Gemüse experimentieren und dabei mit verschiedenen Gewürzen arbeiten, um seine Süße auszugleichen. Die Kochbuchautorin Jane Grigson etwa gibt, noch bevor sie die Pastinaken kocht, etwas Currypulver hinzu. Ebenfalls köstlich mit einem indischen Touch sind ihre Kroketten mit Kreuzkümmel und schwarzem Pfeffer.

Star-Koch Gordon Ramsay hingegen verfeinert das Gemüse gern mit Honig, Zimt, Thymian und Sternanis. Aber auch die Kombination mit Koriander, Fenchel und Kardamom ist fantastisch. Wer ein Püree bevorzugt, sollte die Pastinaken in heißer Milch mit Knoblauch, Zitronensaft, Olivenöl und gemahlenen Mandeln zubereiten.

Eine weitere Alternative ist die Verwendung von saisonalen Früchten: Richard Corrigan etwa serviert sein Rebhuhn am liebsten mit Birnen und Pastinaken. Oder backen Sie die Knollen mit Orangensaft, Ahornsirup, Butter und Senf. Japanisch angehaucht ist ein warmer Pastinakensalat mit Shiitake-Pilzen, Soja und Mirin.

Die Form der Pastinake ähnelt der von Karotten, aber die Wurzeln sind weiß und haben eine süßere, erdige Note. Roh ist das nicht jedermanns Geschmack, ich kenne allerdings kaum jemanden, der sie gebraten oder frittiert nicht mag. Dann ist ihr Aroma intensiver, aber nicht zu süß. Ähnlich wie ihre orangefarbenen Cousins sind Pastinaken ausgesprochen gesund und reich an Vitaminen und Mineralstoffen wie Kalium und Folsäure. Am besten schmecken die Wurzeln übrigens nach dem ersten Frost, denn dann verwandelt sich ein Teil der Stärke in Zucker. Meist werden die Knollen erst geerntet, wenn sie auch verwendet werden. Für den Eigenanbau sind die Sorten „White King“ und „Tender and True“ besonders gut geeignet und leicht in der Aufzucht. Wer nicht selbst im Boden buddeln möchte, sollte beim Einkauf im Supermarkt aber unbedingt darauf achten, dass die Knollen noch eine Erdkruste haben. Schneidet man sie in zwei Hälften, sollten sie einen süßlichen, frischen Geruch haben. Kleine und mittlere Exemplare haben in der Regel weniger Fasern und müssen meist nicht einmal geschält werden. Haben die Pastinaken dagegen braune Stellen oder fühlen sich schmierig an, gilt: lieber nicht zugreifen.

So, genug Tipps und Lob für dieses viel zu lang vergessene Trend-Gemüse. Ich habe jetzt richtig Lust auf Pastinaken – ganz schlicht mit Butter und Salz.

Wit and Wisdom

  • Kaufen Sie die Pastinaken nur während der Saison von November bis März. Dann sind sie nicht holzig und haben ein wunderbar intensives Aroma.
  • Bei der Ernte gilt Vorsicht: Der Saft der Pastinake kann mit Sonnenlicht reagieren und zu Hautreizungen führen.
  • Aus Cornwall stammt die mit 7,85 Kilogramm schwerste Pastinake. Weltrekord!
  • Das französische Wort für Pastinake ist Panais, es wird aber gelegentlich auch als Beleidigung verwendet.
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