Heidelbeeren In Season

Eat British produce when it’s at its best.

Heidelbeeren

Auch wenn Deutschland eine ganz eigene Heidelbeerkultur hat – für Clarissa Hyman erwecken die Beeren süße Erinnerungen an Urlaubstage in Amerika

Als ich zum ersten Mal meine Familie in den Staaten besuchte, blieb ich die ganze Nacht auf, zappte wie eine Verrückte durch die zahllosen TV-Kanäle und naschte Heidelbeeren. Heidelbeeren! So blau wie der Blues, so blau wie die Blue Suede Shoes von Elvis – ich war im Himmel. Und obwohl Heidelbeeren eigentlich nichts mit Blues zu tun haben, aß ich diese für mich neuartigen blauen Früchte zum ersten Mal voller Aufregung. Warum es bei uns in Europa eigentlich keine Heidelbeeren gebe, fragte ich meine Tante, während ich den Vorrat in ihrem riesigen Kühlschrank plünderte. „Im Wald habt ihr doch sicher auch Heidelbeeren“, entgegnete sie. Ich widersprach. Vehement. Mit tiefblauen Lippen. Ja klar, lilafarbene, saure und klitzekleine Beeren, die gab es zu Hause schon. Die waren aber kein Vergleich zu den Früchten in Amerika: groß genug, dass jede einzelne süßen Saft spritzend zwischen den Zähnen zerplatzt, dabei aber klein genug, dass man eine ganze Handvoll auf einmal in den Mund nehmen kann.

Beide Sorten, die europäische und die amerikanische, gehören zur Vaccinum- Familie und lieben feuchte Waldböden. Wilde Heidelbeeren sind in Nordamerika heimisch, wo sie schon bei den Indianern auf vielfältige Weise zum Einsatz kamen: roh oder gekocht, in Suppen, Eintöpfen oder in Kombination mit Pemmikan, einer Art Dörrfleisch. Der Legende nach halfen die Indianer mit ihren nahrhaften Rezepten den Siedlern, den ersten Winter in der neuen Heimat zu überstehen.

Lange Zeit glaubte man, Heidelbeeren könnten nicht kultiviert werden. Dennoch erbrachten ein paar ehrgeizige Züchter in New Jersey 1916 eine erste kommerzielle Ernte. Im Frühling tragen die Sträucher schöne, weiße Blüten, aus denen sich dann die Beeren formen: zuerst hart und grün, dann rötlich-lila und letztendlich blau mit durchsichtigem, grünem Frucht eisch. Als Heidelbeerhochburg gilt der Bundesstaat Maine, wo die meisten Beeren an kleinen Sträuchern wachsen und fast ausschließlich für die Lebensmittelindustrie bestimmt sind. Die meisten Tafelbeeren hingegen stammen von hochwachsenden Sträuchern in Michigan, New Jersey, Oregon, North Carolina, Georgia und Washington. Basierend auf den amerikanischen Züchtungen werden seit den 1920er-Jahren auch in Deutschland Heidelbeeren angebaut, vor allem in der Lüneburger Heide, Brandenburg und Mittelbaden.

Unsere heimischen Beeren haben von Juli bis September Saison. Bei denjenigen, die man heutzutage auch außerhalb der Saison für viel Geld im Supermarkt bekommt, handelt es sich um Importe aus der südlichen Hemisphäre. Die heißen Tage und kalten Nächte in Chile etwa eigenen sich perfekt für den Heidelbeeranbau. Seit den Anfängen in den 80er-Jahren hat sich die Anbau äche dort um ein Vielfaches vergrößert. Frische Heidelbeeren werden hauptsächlich von Hand geerntet, sind aber oft mehlig und fad, wenn sie bei uns ankommen. Der Hauptteil der Ernte kommt deshalb als Tiefkühl- oder Trockenware zu uns in den Handel und wird maschinell geerntet.

Getrocknete Heidelbeeren machen sich hervorragend in Müsli, Gebäck und Kuchen. Der US-Klassiker ist und bleibt der Heidelbeermuffin mit frischen Beeren, die beim Backen schmelzen, sodass sich Geschmack und Farbe durch den ganzen Teig ziehen. Früher wurden Muffins noch als Kuchen bezeichnet. Der amerikanische Schriftsteller William Dean Howells berichtete 1894 von einem Frühstück in Boston, bei welchem sein Tischnachbar „unheimlich aufgesetzte Trauer vortäuschte, als ich erklärte, dass ich noch nie Heidelbeerkuchen gegessen hatte. Mit tief gezeichneter Miene beweinte er, dass es doch tatsächlich Regionen gebe, wo man Heidelbeerkuchen nicht kenne“.

Achten Sie beim Kauf darauf, dass die Haut der Beeren glatt mit einem silbrigen Schimmer, die Frucht fest und saftig zugleich ist. Runzlige oder zerdrückte Beeren, aus denen der Saft schon austritt, sind bereits fad und schal. Ungewaschen halten sich die Beeren bis zu einer Woche im unteren Teil des Kühlschranks. Gesundheitlich betrachtet, schneiden Heidelbeeren super ab. Vor allem die aus biologischem Anbau sind reich an schützenden Antioxidantien, Vitamin C, Eisen und Ballaststoffen. Heidelbeeren senken zudem den Blutzuckerspiegel, regen den Kreislauf an und wirken blutverdünnend, was sie zum idealen Proviant etwa für Langstrecken üge macht. Zudem helfen sie bei Magengeschwüren, sie sind gut für Knochen und Gelenke, wirken antibakteriell und erweitern die Blutgefäße der Augen. Obendrein wirken sie auch Harnwegsinfektionen entgegen.

All diese gesundheitlichen Vorteile in Ehren, bilden sie jedoch meiner Meinung nach keinen gebührenden Abschluss für die edle Beere. Zwar hat der deutsche Hochschullehrer Heinrich Hoffmann von Fallersleben seine geliebten Heidelbeeren in zahlreichen Gedichten verewigt, ich möchte an dieser Stelle aber den amerikanischen Dichter und Pulitzer-Preisträger Robert Frost zitieren, der über sein Glück, bei einem Spaziergang auf ein geheimes Plätzchen voll wilder Heidelbeeren gestoßen zu sein, schrieb: „Man sollte gesehen haben, wie es im Regen aussah. Beeren und Wasser vermischt inmitten von Blättern, eben wie zwei Juwelensorten – ein Anblick für Diebe.“ Ich persönlich stahl meine Beeren zwar nur aus dem Kühlschrank meiner Tante, dennoch war ich ebenso voll Diebesfreude.

Wit and Wisdom

  • Mit der US-Gesamternte könnte man eine vierspurige Autobahn von Chicago nach New York bedecken.
  • Ein großer Heidelbeerstrauch trägt bis zu 6000 Früchte im Jahr.
  • Gezüchteten Heidelbeeren fehlt es oft an natürlicher Säure, ein Spritzer Zitronensaft wirkt da Wunder.
  • Kolonial-Amerikaner stellten aus Heidelbeeren und Milch Farbe her.
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