Teneriffa Schlemmerroute

Vom anderen Stern

Landschaft-Teneriffa

Die Kanareninsel Teneriffa ist längst keine Unbekannte mehr. Clarissa Hyman ist von ihr überrascht: Fernab von Trubel und Neonlicht staunt sie über kräftige Weine und Käse, sternenklare Nächte und eine Vulkanlandschaft, wie man sie auf dem Mond finden könnte

Reise-Informationen

Teneriffa ist die größte Insel der spanischen Kanaren. Die durchschnittlichen Temperaturen liegen derzeit zwischen 14 und 22 Grad. Landeswährung ist der Euro. Die Zeit ist MEZ-1. In den Süden der Insel fliegen Sie ab Frankfurt a. M. in etwa fünf Stunden. Teneriffa verfügt über zwei Flughäfen: Teneriffa Nord (auch Los Rodeos) und Teneriffa Süd (auch Teneriffa Süd-Flughafen Reina Sofia).
ANREISE
Condor bietet täglich Flüge von Frankfurt a. M. und mehrmals wöchentlich Flüge von Hamburg nach Teneriffa Süd. http://condor.com/de
Lufthansa fliegt ebenfalls täglich von München zum Flughafen in Teneriffa Süd. http://lufthansa.com/de
WEITERE INFORMATIONEN
Turismo de Tenerife stellt interessante Informationen über die Insel zur Verfügung und gibt Anregungen für die Reise. http://webtenerife.de

Schon beim Landeanflug kann man ihn sehen, majestätisch ragt er in den Himmel, so hoch, dass seine Spitze durch eine dichte Wolkendecke lugt. Unten im Tal liegt ihm eine ganze Insel zu Füßen: Der Vulkan Pico del Teide ist der höchste Berg Spaniens und das Wahrzeichen Teneriffas. Je näher man ihm kommt, desto surrealer wirkt die Landschaft: bizarre Felsformationen, kaum bewachsene Hügel, weite Ebenen und Erde in Braun-, Grau- und Sandtönen, welche die Gegend wie ausgewaschen aussehen lassen. Teneriffa ist die größte der Kanarischen Inseln und liegt vor der Küste Afrikas im Atlantik. Ein Eiland mit vielen Gesichtern, mit einer Landschaft so vielfältig, wie man sie andernorts kaum findet

Rund um den Pico del Teide erheben sich mächtige Bergmassive aus Vulkangestein, die Küste fällt an einigen Stellen steil und schroff ins Meer ab, dazwischen liegen Strände mit dem für die Insel typischen, dunklen Lavasand, während im Landesinneren dichte, grüne Wälder locken, in denen es herrlich nach Pinien und Lorbeer duftet. Wenn man die Insel umrundet, stellt man bald fest, dass Klima und Vegetation sich rasend schnell verändern. Der Süden ist eher trocken, der Norden dagegen dank tief hängender Wolken und vieler Wälder recht feucht. Davon profitiert vor allem auch die Landwirtschaft in diesem Teil der Insel. Auf dem äußerst mineralreichen, vulkanischen Boden wachsen Papayas, Mangos, Avocados, Tomaten und Ananas auf schachbrettartigen Feldern. Auch Bananen gedeihen bei fast ganzjährig frühlingshaften Temperaturen prächtig, doch weil der Wind hier mitunter kräftig auffrischt, müssen sie mit Netzen geschützt werden. Im Vergleich zu ihren Artgenossen aus Asien, Afrika und Südamerika sind sie eher klein, im Geschmack dafür außerordentlich aromatisch. Die Tinerfeños, wie die Einwohner Teneriffas genannt werden, nutzen sie sehr gern als Zutat für Gerichte, die ihren Ursprung in den Küchen Südamerikas und der Karibik haben. Beliebt ist etwa ein Reisgericht namens Arroz a la cubana, das aus Reis, Spiegeleiern, Tomatensauce und einer halben gebratenen Banane besteht.

Wir machen uns auf den Weg zum Teide. Auf etwa 1000 Meter Höhe, dort, wo die Landschaft langsam felsig wird, gibt es Ebenen, in deren Erde Kartoffeln stecken, insgesamt über 30 verschiedene Sorten. Auf den Feldern ringsum wachsen zum Beispiel Kohl, Äpfel, Birnen, Pflaumen und Kastanien. Ein Paradies für die einheimischen Bienen, die durch die vielen Obst- und Gemüsefelder schwirren, fleißig Pollen sammeln und den Imkern Honig bringen, der mal nach Kastanie, mal nach Fenchel und mal nach Natternkopf schmeckt. Die Rote Tajinaste, die auch Wildprets Natternkopf genannt wird, wächst vor allem am Fuße des Pico del Teide und ist eine echte Besonderheit. Die rot-lilafarbenen Gewächse ragen wie überdimensionale Tannenzapfen gen Himmel. Erst wenn man sich den bis zu zwei Meter hohen Pflanzen nähert, sieht man, dass sie aus unzähligen kleinen Blüten bestehen. Nur auf Teneriffa und der Nachbarinsel Gran Canaria kann man sie finden.

Auf 1300 Meter Höhe liegt Altos de Trevejos, eines der höchsten Weingüter der Insel. Ein wunderbarer Ort, um die Lungen mit viel frischer Luft zu füllen und in die Stille hineinzuhorchen. Winzer Enrique Alfonso Garcia lässt seinen Blick über die Weinreben schweifen. „Die ständige Sonne, die vulkanische Erde und die saubere Luft machen den Wein hier so besonders“, sagt er.

Es geht weiter himmelwärts, der Pico del Teide rückt näher und näher. Die Pinienbäume, die heute unter Naturschutz stehen, wurden früher abgeholzt und zu Fußböden, Balkons und Fensterläden verarbeitet. Wir lassen auch die Bäume hinter uns und betreten karge Landschaft. So hoch oben ist man schon fast über den Wolken, im Sommer steigen die Temperaturen hier innerhalb weniger Stunden an, im Winter ist es eisig kalt und verschneit. Den 3718 Meter hohen Pico del Teide hat man jetzt fest im Blick. Sonst gibt’s eher wenig zu sehen. Hier und da flitzt mal ein Hase durch Steine und Gebüsch, mit Glück sieht man ein Mufflon. Immer öfter verirren sich Filmteams aus Hollywood in diese surreale Lava-Landschaft, um vor der außergewöhnlichen Kulisse Streifen wie Kampf der Giganten zu drehen. Ein faszinierendes Schauspiel findet dagegen allabendlich ganz ohne menschliches Zutun am Himmel über Teneriffa statt: Sobald die Sonne im Meer versunken ist, leuchten die Sterne über dem Pico del Teide um die Wette. Die Lage im Atlantik, die Höhe und das wenige Licht, das hier den Himmel verschmutzt, machen die Insel zu einem der begehrtesten Orte der Welt, um die Sterne der Milchstraße zu beobachten.

Apropos Sterne, die findet man nicht nur am Himmel über Teneriffa, sondern auch in den Küchen weit unten im Tal. Die Brüder Padrón, die im El Rincón de Juan Carlos kochen, haben jüngst einen Michelin-Stern eingeheimst. Sie servieren zum Beispiel ein als Praline angerichtetes Pâté ähnlich einer Blutwurst sowie Pasta aus Sellerie mit Comté, Pinienkernen und Trüffeln in einer Schale aus Vulkangestein. „Vor zehn Jahren hätte niemand gedacht, dass es auf der Insel so viele Michelin-Sterne geben wird“, erzählt Juan. „Aber auch, wenn viele unserer Mitstreiter bei der Wahl ihrer Zutaten gern über den Tellerrand blicken, ist es für uns wichtig, die alten Aromen und Produkte der Region zu bewahren.“

David Rivero Piedra sieht das anders. Schon von Kindesbeinen an ist der kanarische Jungkoch fasziniert von der Kultur und Kulinarik Japans. Als Koch im Michelin-prämierten Kabuki im Ritz-Carlton Abama zu arbeiten, ist für ihn ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist. Es kribbelt ihm jeden Tag in den Fingern, wenn er den frischen Fisch im Kühlraum des Restaurants begutachtet. Ein Bauer im Ort baut für ihn original japanisches Gemüse an. Die Samen dafür hat Piedra teils selbst aus Japan mitgebracht. Außerdem kocht er Sushi-Reis auf die japanische Art und fermentiert seinen Tofu selbst. Auf den ersten Blick scheinen die spanische und japanische Küche nahezu unvereinbar, doch Piedra findet dennoch Gemeinsamkeiten: „Sowohl Spanier als auch Japaner lieben es, gemeinsam zu essen und zu trinken, und beide Nationen zollen ihren Zutaten und deren Qualität höchsten Respekt.“

Wir bleiben im Ritz-Carlton Abama und betreten eine andere Küche des riesigen Hauses. Erlantz Gorostiza führt mit seinem Restaurant M.B (Martín Berasategui) eine Dependance des berühmten Originals in San Sebastian. Wie passt die baskische Küche auf diese Kanareninsel? „Ich versuche gar nicht erst, kanarische Traditionsgerichte neu zu interpretieren“, erklärt Gorostiza. „Ich komme nicht von Teneriffa, aber ich versuche trotzdem, mit lokalen Produkten auf unsere Art zu kochen. Die Qualität von Fisch und Gemüse ist hier erstklassig und die Insel obendrein auch noch wunderschön. Was will man mehr?“

Neben Fisch und Gemüse ist noch ein weiteres Produkt im wahrsten Sinne erstklassig: Käse. Und zwar nicht irgendeiner, sondern der Ziegenkäse aus der Quesería Montesdeoca. Im vergangenen Jahr hat die Molkerei zum wiederholten Mal die Goldmedaille bei den World Cheese Awards gewonnen. Klar, dass die Delikatesse seither sprichwörtlich in aller Munde ist.

Alberto Montesdeoca führt den Familienbetrieb in dritter Generation und bekommt viel Lob für sein Traditionsbewusstsein sowie das gute Zusammenspiel von industrieller Technik und Handwerk in seiner Molkerei. Doch er zeigt sich bescheiden, da all das ohne die aromatische Milch, die seine Ziegen geben, nicht möglich wäre. „Die Tiere hier im Norden der Insel haben afrikanische Gene“, sagt er. „Sie sind einerseits an das Klima und die Wetterbedingungen angepasst und andererseits resistent gegenüber vielen Krankheiten, die andere europäische Herden befallen.“ In seiner Molkerei leben rund 1000 Ziegen, die so viel Milch geben, dass er davon eine große Palette an Köstlichkeiten machen kann, vom cremigen, leicht salzigen Frischkäse bis hin zum gereiften Hartkäse mit Gofio-Rinde (Gofio ist eine Art Mehl aus geröstetem Getreide). „Für mich ist das viel mehr als nur ein Geschäft. Es ist beinahe eine Philosophie. Wir bringen den Tieren, ihrer Milch und dem Käse den größten Respekt entgegen“, sagt er.

Ähnlich geht es den Winzern der Insel. Auch sie schätzen ihre Produkte und die Natur, die den Wein zu dem macht, was er am Ende ist. Die geografische Lage mit dem Meer als natürliche Barriere hat die Weinstöcke vor der Reblaus beschützt. So können auch heute noch alte, heimische Sorten wie etwa die weiße Listán Blanco, auch Palomino Fino, und die rote Baboso fortbestehen. Geschmacklich passen beide zu den kulinarischen Spezialitäten der Insel. Wein und Essen kommen in den rustikalen Guachinches auf authentische Art zusammen. Diese kleinen Lokale, die den deutschen Straußenwirtschaften ähneln, werden meist saisonal von Familien betrieben, die selbst Wein anbauen und in heimeligen Gasträumen auch eine Auswahl an Hausmannskost anbieten.

Sonnenuntergänge, Vulkane, Drachenbäume und klarer Sternenhimmel, dazu verspielte Wale und Delfine. Kurzum: Meer, Wind und Land. Verständlich, dass der berühmte Naturforscher Alexander von Humboldt nach seinem Besuch auf der Insel 1799 vollmundig schrieb: „Fast mit Tränen in den Augen reise ich ab.“

Wo man am besten übernachtet

Iberostar Anthelia Das luxuriöse, große und doch gleichzeitig auch gemütliche Resort-Hotel liegt zwischen zwei Stränden. Wer sich am Meer sattgesehen hat, kann aktiv werden. Das Angebot ist riesig und reicht von Fitnesskursen bis hin zu Dart. Zum Resort gehören außerdem ein großer Spa-Bereich mit diversen Pools, mehrere erstklassige Restaurants und eine hübsche Gartenanlage. DZ ab 320 Euro, Calle Londres 15, Costa Adeje, +34-922-713335, http://iberostar.com
La Quinta Roja Das schicke Boutique-Hotel ist in einem Anwesen aus dem 16. Jahrhundert untergebracht. Der Strand liegt etwa fünf Gehminuten entfernt, die Naturbecken aus Vulkangestein nur ein bisschen weiter. DZ ab 140 Euro, Garachico, +34-922-133377, http://quintaroja.com
The Ritz-Carlton Abama Hoch oben auf den Klippen thront der Fünf-Sterne-Komplex, der mit unzähligen Türmen, Kuppeln und rostroter Fassade an marokkanische Bauten erinnert. Ein Privatstrand, sieben Pools, zwölf Restaurants und ein Golfplatz lassen keine Wünsche offen. Beste Sicht auf den Sonnenuntergang ist Ihnen hier garantiert. DZ ab 240 Euro, Guia de Isora, +34-922-126000, http://ritzcarlton.com/abama

Essen

Wenn nicht anders angegeben, gilt der hier genannte Preis pro Person für zwei Gänge inklusive einem Glas Wein oder Bier.

Las Aguas Im schicken Grand Hotel Bahia del Duque zaubert Küchenchef Braulio Simancas lokale Gerichte, die sehr geschätzt werden. Degustationsmenüs 30 bis 70 Euro, Grand Hotel Bahia del Duque, Costa Adeje, +34-922-746932, http://thetaishotels.com/de
Cofradia de Pescadores Frischer als hier bekommen Sie Fisch und Meeresfrüchte kaum irgendwo sonst auf der Insel. Der Stil des Restaurants passt mit seiner maritimen Dekoration sowohl zum Angebot als auch zum Betreiber, der selbst Fischer ist. Mit dem Fang des Tages macht man hier garantiert nichts falsch. Etwa 25 Euro, Calle las Lonjas 5, Puerto de la Cruz, +34-922-383409, http://lacofradiadepescadores.es
Abama Kabuki Nachdem das japanische Fusion-Konzept in Madrid mit einem Michelin-Stern prämiert wurde, gibt es auf Teneriffa nun ein zweites Restaurant im Ritz-Carlton Abama. Die Menüs sind raffiniert. Es gibt sogar eine Kinderspeisekarte, die schon den Kleinsten Köstliches rund um Tempura und Sushi bietet. Degustationsmenü etwa 100 Euro, Ritz-Carlton Abama, Guia de Isora, +34-922-126000, http://ritzcarlton.com
M.B Ebenfalls im Ritz-Carlton ansässig ist das mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnete Restaurant. Hinter den erstklassigen Gerichten steht ein Koch von Weltrang: Martín Berasategui. Machen Sie sich auf eine Geschmacksexplosion gefasst. Degustationsmenü etwa 140 Euro, RitzCarlton Abama, Guia de Isora, +34-922-126000, http://ritzcarlton.com
El Molino Blanco Der Name lässt es vermuten: Das ebenso bekannte wie beliebte Restaurant befindet sich direkt neben einer alten GofioMühle. Auf der Speisekarte stehen internationale Klassiker und typisch kanarische Gerichte. Etwa 50 Euro, Avenida De Austria 5, San Eugenio Alto, Costa Adeje, +34-922-796282, http://molino-blanco.com
El Rincón de Juan Carlos Juan und Jonathan Padrón legen großen Wert auf Regionalität. Was hier auf den Tisch kommt, stammt größtenteils von der Insel. Einen Michelin-Stern haben die beiden schon, ein zweiter wäre aber durchaus angebracht. Reservieren Sie rechtzeitig, die Warteliste ist lang. Degustationsmenü etwa 85 Euro, Pasaje Jacaranda 2, Los Gigantes, +34-922-868040, http://elrincondejuancarlos.com

Nicht verpassen

Wein auf der Insel: Teneriffa hat fünf Weinanbauregionen, deren Weine die Herkunftsbezeichnung D.O. (Denominación de Origen) tragen: Abona, Valle de la Orotava, Tacoronte-Acentejo, Valle de Güímar und Ycoden-Daute-Isora. Weitere geschützte Siegel sind Wines of Tenerife D.O. und die Bezeichnung Wines of the Canary Islands D.O. Bei Letzterem dürfen die Winzer Trauben von unterschiedlichen Weinbergen und Inseln miteinander kombinieren. Dank der vulkanischen Erde und der kräftigen Sonne auf der Insel haben die Rotweine blumig-würzige Aromen. Die Weißen sind dagegen frischer mit einer guten Balance aus Säure und fruchtigen Aromen. Ein kleines Wein-Museum in El Sauzal bietet Verkostungen an. http://casadelvinotenerife.com

Clarissa Hyman und Emma Wood reisten mit freundlicher Unterstützung von Tenerife Tourism Corporation. http://webtenerife.com

This article was published on 7th May 2019 so certain details may not be up to date.




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