Flandern Schlemmerroute

Sternenhimmel

Klein, aber oho: Die belgische Nordseeküste ist ein wahres Michelin-Sterne Mekka mit einigen der besten Restaurants Europas, wie Melissa Kronenthal auf ihrer kulinarischen Entdeckungsreise in Flandern feststellt

Reise-Informationen

Durchgängig mildes Klima. Im Winter feucht und oft neblig; im Sommer um die 21°C.

Tourismus Flandern-Brüssel Auf der Website finden sich alle wichtigen Informationen zur Region. http://visitflanders.de

“Einer ist es wert anzuhalten, zwei sind einen Umweg und drei eine Reise wert.” So wird im berühmten Roten Michelin die vorgenommene Sternebewertung ganz einfach erklärt. Leider haben geografische Regionen keinen Platz im Michelin Bewertungsschema, denn sonst müsste die belgische Küste definitiv mit einem neuen Label versehen werden, unter dem Motto „Ist einen ausgedehnten Aufenthalt wert“. Dieser Abschnitt der Nordseeküste ist vielleicht nicht der bekannteste, bietet aber dennoch auf kleiner Fläche viel Reizvolles: Zwischen der französischen und niederländischen Grenze reihen sich über eine Länge von rund 70 Kilometer makellose Strände. Die Sommer sind sonnig, die Stimmung ist entspannt und weltoffen – und die Region hat pro Kopf mit die meisten Michelin-Sterne in ganz Europa. Hier leben Menschen, die mit Leidenschaft dabei sind, wenn’s ums Essen geht.

Der belgische Küstenstreifen, der zur Niederländisch sprechenden Region Flandern gehört, hatte schon immer eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung für das Land. Im Laufe des letzten Jahrhunderts verlagerte sich der Fokus – weg von der Fischerei und dem Seehandel, hin zum Tourismus. Ehemals eher rauhe Küstenstädte wurden zu schicken Badeorten, die jedes Jahr fast drei Millionen Besucher anziehen. Jeder Ort hat seinen eigenen Charakter und bietet eine Vielzahl an Aktivitäten. So verläuft hier zum Beispiel der 6 200 Kilometer lange Nordseeküsten-Radweg, eine steife Brise sorgt für ideale Bedingungen zum Surfen und Segeln. Wer es ruhiger mag, kann sich in der Sonne rekeln, Sandburgen bauen – für die es jährlich internationale Wettbewerbe gibt – oder das eine oder andere belgische Bier testen.

Die Küste ist so kurz, dass man ohne Probleme in weniger als zwei Stunden von einem Ende zum anderen fahren kann. Eile ist hier allerdings nicht angesagt. Die Reisenden sollten sich Zeit lassen und ganz entspannt im „Hop-on/Hop-off“ Modus die Küstentram nutzen, um die verschiedenen Resorts zu erkunden. Am westlichen Ende liegt De Panne, die sogenannte „Grüne Perle der belgischen Küste“ und ein echtes Paradies für Naturliebhaber.

Nur einen Katzensprung entfernt von der Normandie und Frankreich gibt es hier den breitesten Strand der flämischen Küste. Koksijde und Middelkerke mit sanfter Brandung und großen Strandpromenaden sind besonders beliebt bei Familien. Und dann kann man hier auch noch hervorragend essen: Kein Koksijde Besuch ist komplett ohne bei Ten Bogaerde anzuhalten. Das Restaurant wird von Iain Wittevrongel und An Tailleu in einem wunderschön renovierten Kloster aus dem 17. Jahrhundert geführt. An einem sonnigen Tag ist die großzügige Terrasse der perfekte Ort, um zum Beispiel einen Steinbutt mit Oliven und Safran zu genießen.

Auch in Middelkerke gibt es für Feinschmecker zwei Pflichttermine: Im eleganten De Lanteirne werden klassische, flämische Fisch- und Meeresfrüchtespezialitäten auf höchstem Niveau serviert und deren Paling in het groen (Aal in grüner Soße) sind legendär. Zweiter Halt: Vereecke, Süßwarengeschäft und Spezial-Lebensmittelladen in einem. Im Angebot sind über tausend Produkte aus aller Welt und zudem leckere muschelfömige Pralinen, die eine hauseigene Spezialität sind.

Die Geschichte der belgischen Küste ist mit der Fischerei eng verbunden. Der kleine Ort Oostduinkerke bietet heute noch faszinierende Einblicke in diese Tradition. Im Sommer kann man morgens bei Niedrigwasser kleine Gruppen von Männern in leuchtend gelben Regenjacken auf schweren Zugpferden beobachten. Die Paardenvissers, wie diese Pferdefischer auf Niederländisch heißen, sitzen in Holzsätteln auf ihren Tieren, die schwere Krabbennetze hinter sich herziehen. Sie erhalten so eine Tradition, die überall sonst in Europa längst ausgestorben ist, aber hier immer noch von Vater zu Sohn weitergegeben wird. Die kleinen grauen Krabben, die auf diese Art gefangen werden, sind eine geschätzte Spezialität der Region. An guten Tagen bringt ein Fischer bis zu 20 Kilo an Land, meistens nur zum Eigenverzehr und für Freunde und Familie. „Wir betreiben das nicht mehr als Geschäft, es ist einfach eine Leidenschaft“, erklärt Johan Casier, einer der jüngsten Paardenvissers der Gruppe. „Ich hoffe nur, dass die Männer, die meine Töchter einst heiraten werden, das genauso empfinden!“

Ostende ist die einzige größere Stadt an der Küste, Frühaufsteher können hier die moderne Version der Fischerei beobachten. Um sechs Uhr morgens, wenn die kommerziellen Fischkutter der Stadt mit ihrem Fang zurückkommen, gehen wir an den Hafen: Die Fischer bringen Seezungen, Schollen, Steinbutt, Kabeljau, Flundern, und viele saftige graue Krabben, die bereits auf den Booten gekocht und verzehrfertig geliefert werden. Später auf dem lebhaften Fischmarkt gibt es die besten Exemplare des frischen Fangs, und die Frauen der Fischer überschreien sich gegenseitig, um das Geschäft zu machen. Angesichts der Fischquoten und schrumpfenden Fischbestände in der Nordsee ist die Fischerei hier natürlich nicht mehr das, was sie einmal war, darin sind sich alle einig. Dennoch scheint der Fang heute ergiebig gewesen zu sein; das Meer hat genug hergegeben und die Stimmung ist entsprechend heiter an diesem Morgen.

Das Juwel der Küste ist ohne Zweifel De Haan. Hier erteilte König Leopold II. 1889 eine Genehmigung für die Bebauung eines Dünenabschnitts, und viele der eleganten Belle Époque Bauten sind jetzt Hotels und Gästehäuser.

Die Karte ist klein, dafür ist das Essen überwältigend: Foie Gras und Prosciutto Terrine mit Blätterteigchips, Limettenschale und kandierten Kumquats; Jakobsmuscheln in geräucherter Entenbrust mit geröstetem Ananas-Chutney und Shiso. Der energiegeladene Debevere hat bereits diverse Angebote potentieller Investoren, die ihn gerne dabei unterstützen würden, in einer Metropole wie London oder Sydney ein Restaurant zu eröffnen. Der Belgier bleibt aber erst mal da, wo er ist: „Das ist meine Heimat – warum sollte ich woandershin gehen, wenn ich das, was ich liebe, hier schon mache?“

Egal wo man entlang der flämischen Küste in Gourmetrestaurants unterwegs ist: Wie und was gekocht wird, ist immer Ausdruck der besonderen Verbundenheit der Köche mit ihrer Heimat, Herkunft und mit den lokalen Zutaten. Selbst in Restaurants, die mit den absoluten Bestnoten bewertet sind, zeigt sich in der Art des Kochens eine Art ehrliche Einfachheit, die man auf diesem Niveau selten findet.

Philippe Nuyens kocht seit elf Jahren in seinem gleichnamigen und mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurant in Blankenberge, das er gemeinsam mit seiner Frau Martine führt. Die Verarbeitung heimischer Produkte in eleganten und überraschenden Kombinationen ist sein Markenzeichen. Nuyens ist ein leidenschaftlicher Verfechter der modernen flämischen Küche und von deren Einzigartigkeit überzeugt: „Wir haben hier ein einmaliges Gespür für beste Qualität. Das macht unsere Küche so gut. Wir verwenden die besten Zutaten und die besten Techniken aus ganz Europa, deshalb sind wir besser als alle anderen.“

Bart Desmidt, der im Restaurant Bartholomeus in Heist kocht, ist derselben Meinung, und seine mit zwei Sternen ausgezeichnete Cuisine spiegelt seine Liebe für lokale Zutaten wider. Stolz präsentiert er einen heimischen blauen Lobster, eine absolute Rarität selbst hier, wo viele Restaurants dieses Produkt aus Kanada beziehen.

Am Ende der Tramlinie und nur einen Steinwurf von Holland entfernt liegt dann der Badeort, den viele als das belgische St. Tropez bezeichnen: Knokke, mit seinen zwölf Kilometern goldfarbenem Sand, ist extravagant und schick und wird von einem 150 Hektar großen Naturreservat eingerahmt. Normalerweise leben hier 34 000 Menschen; im Sommer verfünffacht sich diese Zahl. Der Sage nach waren die ersten Bewohner Nachkommen irischer Mönche, die sich hier im frühen Mittelalter niedergelassen hatten. Als Künstlerkolonie machte die Stadt gegen Ende des 19. Jahrhunderts zum ersten Mal auf sich aufmerksam. Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte Belgiens Hautevolee dann den Küstenort; die Stadt wurde populär und reich. Hier gibt es 1 500 Geschäfte und die höchste Konzentration an Kunstgalerien im ganzen Land. Knokke ist damit Belgiens Strandspielplatz par excellence, und im exklusivsten Teil der Stadt, Le Zoute, kauft man auf demselben Niveau wie in Paris oder Brüssel. Louis Vuitton und Hermès – alles da. Selbst der Strand ist hier fein, mit schicken Liegen und Barservice. Die kulinarische Szene der Stadt steht in nichts nach, und es gibt eine Fülle an stylischen Cafés und Restaurants, einen großen Wochenmarkt und mehr als 200 Restaurants, die alle Geschmäcker bedienen.

Qualität ist immer garantiert, der Preis spielt dabei keine Rolle. Eine einfache Mahlzeit im Strandrestaurant mit Moules Frites – belgisch serviert, mit viel Mayonnaise – schmeckt genauso köstlich wie jedes Sterne-Essen. Und eines gilt von daher definitiv für den gesamten Küstenabschnitt: Egal, ob einfach oder spektakulär, trendy oder traditionell, egal, wie viele Michelin-Sterne – das Essen hier ist unbedingt eine Reise wert.

Wo man am besten übernachtet

Hotel Manoir Carpe Diem Auf De Haans höchster Düne liegt dieses intime und luxuriöse Hotel. Die 17 individuell eingerichteten Zimmer in dieser ehemaligen Sommerresidenz einer prominenten Brüsseler Familie blicken auf einen wunderschönen englischen Garten. Doppelzimmer ab 170 Euro. Prins Karellaan 12, De Haan, Tel. 0032 59 23 32 20, http://manoircarpediem.com

Hotel Manoir du Dragon Idyllisches Ensemble von 1927, voller Antiquitäten, mit Blick auf den Royal Zoute Golfplatz. Die 16 Zimmer und Suiten haben eigene Terrassen und sind mit Whirlpools ausgestattet. Doppelzimmer ab 270 Euro. Albertlaan 73, Knokke-Heist, Tel. 0032 50 63 05 80, http://manoirdudragon.be

Memlinc Palace Hotel Das Grand Hotel im anglonormannischen Stil ist ein Wahrzeichen in Knokke und wurde 1923 im Zentrum von Le Zoute nur wenige Schritte von Strand und Shops entfernt eröffnet. Doppelzimmer ab 160 Euro. Albertplein 23, Knokke-Heist, Tel. 0032 50 60 11 34, http://memlinc.be

Essen

Soweit nicht anders vermerkt, sind alle Preise für drei Gänge ohne Wein.

Bartholomeus Zeedijk Alles was auf 2-Sterne-Koch Bart Desmidts Karte steht, wird vor Ort hergestellt, auch das herzhafte Brot, das es zum Auftakt jedes Essens gibt. Seine skurrile und präzise Küche ist ein Fest für alle Sinne. Mit passenden Weinen ab 75 Euro. Zeedijk-Heist 267, Knokke-Heist, Tel. 0032 50 51 75 76, http://restaurantbartholomeus.be

De Lanteirne Einheimische lieben dieses charmante Restaurant im nautischen Stil mit phantastisch frischem Fisch und Meeresfrüchten, raffiniert zubereitet von Pedro und seiner Frau Charlotte. Ab 39 Euro. Westendelaan 308, Westende, Tel. 0032 58 23 91 13, http://delanteirne.be

Marie Siska Knokkes berühmteste Waffeln. Moeder (Mutter) Siska gründete die lokale Institution Ende des 19. Jahrhunderts. Ihre Nachkommen setzen heute die Tradition in drei Filialen am Ort fort. Spezialität: herzförmige Waffel mit Erdbeeren und Schlagsahne. Waffeln ab 6 Euro. Zoutelaan 177, Knokke, Tel. 0032 50 60 17 64, http://siska-marie.com

Philippe Nuyens Chefkoch Philippe und seine Frau Martine bewirten ihre Gäste in dem gemütlichen Restaurant auf Blankenbergs Hauptstraße ganz familiär. Seine mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Küche ist elegant und gleichzeitig schnörkellos. Markenzeichen: Soweit möglich, wird nur mit lokalen Erzeugnissen gearbeitet. Ab 35 Euro. Jules de Troozlaan 78, Blankenberge, Tel. 0032 50 41 36 32

Rubensplein Das Ostende von Knokkes Albert Strand ist bekannt für seine guten Fischrestaurants – einfach eines mit Blick auf die Promenade auswählen und einen Topf Muscheln oder die berühmte flämische Fischsuppe Waterzooi genießen. Mittag- oder Abendessen ab 25 Euro.

Ten Bogaerde Sowohl die wunderbare Terrasse als auch die hohen Decken in diesem ehemaligen Kloster bieten einen passenden Rahmen für Iain Wittevrongel und An Tailleus delikate Küche, in der sich alles um die Zutaten dreht, ab 45 Euro. Ten Bogaerdelaan 10, Koksijde, Tel. 0032 58 62 00 00, http://tenbogaerde.be

Nicht verpassen

Belgisches Bier Besondere Variante: das mit Kirschen vergorene Kriek. Und: Jedes Jahr Mitte Juni gibt es beim Bierwochenende in Middelkerke eine atemberaubende Auswahl regionaler Sorten zum Probieren. Oostduinkerkes Pferdefischer Informationen wann die Krabbenfischer zu Pferd unterwegs sind, gibt es beim Tourismusbüro vor Ort. Tüte Pommes Frites Direkt von der Pommes Frites Bude und mit Soße nach Wahl, z. B. die scharfe Andalouse Soße oder eine cremige Sauce Tartar. Vereecke Chocolate and Specialty Food Shop. Für die berühmten, muschelförmigen Pralinen. Leopoldlaan 59, Middelkerke, Tel. 0032 59 30 06 51, http://fijnproeverspakketten.be

Melissa Kronenthal und Carl Pendle reisten mit der freundlichen Unterstützung von Eurostar, http://eurostar.com, und Tourismus Flandern-Brüssel, http://visitflanders.de

This article was published on 19th January 2016 so certain details may not be up to date.




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