In Port Elizabeth sollen die nettesten Menschen Südafrikas leben. Sie wissen auch, was sie auf ihrem Teller wollen: Statt Sterne-Küche schätzen sie ihre Lokal-Kulinarik. Michael Raffael geht auf eine köstliche Entdeckungstour
Reise-Informationen
Port Elizabeth ist eine der größten Städte Südafrikas und liegt 755 Kilometer östlich von Kapstadt. Die Flugzeit von Deutschland aus beträgt etwa 14 Stunden. Es gibt keine Zeitverschiebung. Landeswährung ist der Südafrikanische Rand (ZAR), wobei ein Euro etwa 17 ZAR entspricht. Die Temperaturen im Winter liegen zwischen 18 und 26 Grad.
ANREISE
Lufthansa fliegt täglich nach Johannesburg, Durban oder Kapstadt, um schließlich Port Elizabeth zu erreichen. http://lufthansa.com
Emirates steuert die Stadt über die o. g. Stopps an. http://emirates.com
WEITERE INFORMATIONEN
Nelson Mandela Bay Tourism bietet Informationen und Inspirationen für Ihren Aufenthalt in Port Elizabeth. http://nmbt.co.za
South African National Parks Diese Internetseite gibt einen guten Überblick zu den Nationalparks sowohl für das Ostkap Südafrikas als auch andere Orte der Region. http://sanparks.org
REISELEKTÜRE
Augen des Himmels von Rayda Jacobs ist eine spannende FamilienSaga, die in Südafrika spielt. Lamuv-Verlag, 19,90 Euro
Ein entspannter Samstagabend mitten im Stadtteil Richmond Hill in Port Elizabeth: Die Metzgerei Meat on Stanley hat bereits geschlossen, trotzdem tönen aus dem Hinterzimmer Stimmen und der Gospelsong Don’t stop the Music. Willkommen in einem Supperclub. Diese immer beliebter werdenden Koch-Events, bei denen in einer eher privaten Location zum ausgiebigen Dinner geladen wird, haben auch Südafrika erreicht. Auf dem Tisch stehen zahlreiche Vorspeisen wie Snoek (Hecht), eine Kaktusfeigen-Salsa, Spekboom (Sukkulenten), Potbroodje (in einem gusseisernen Topf gebackenes Brot) und Koriander. Thoko, eine stimmgewaltige und kräftige, immerhin gut 90 Kilo schwere Sängerin sorgt für ausgelassene Stimmung, während Küchenchef Ronald in der Pop-up-Küche Filet Mignons vom Kudu brutzelt.
Ähnlich ausgelassen geht es auch im The Beach Hotel an der Strandpromenade zu. Die Gäste schlendern zur Bar oder suchen einen Platz auf der Veranda. Am Piano hat ein etwas schüchternes Mädchen seinen Laptop mit dem Songtext aufgeklappt und sorgt mit dem Klassiker A Lighter Shade of Pale für Lounge-Feeling.
Dieses Flair ist typisch für PE, wie die Einheimischen die Hafenstadt, die rund 755 Kilometer von Kapstadt entfernt liegt, nennen. Manche sind überzeugt, dass hier die freundlichsten Menschen in ganz Südafrika leben, weshalb die Stadt auch den liebevollen Spitznamen „The friendly City“, die freundliche Stadt, trägt. Aber PE hat noch mehr zu bieten: Die Natur und die vielen Strände sind atemberaubend. In Summerstrand und rund um den Shark Rock Pier gibt es ausgezeichnete Hotels. Auch der Strand von Sardinia Bay mit seinen Wanderdünen ist traumhaft. Wer mag, wählt PE als Startpunkt für eine Tour entlang der berühmten Gardenroute oder besucht die Wild Coast, das traditionelle Stammesgebiet der Xhosa. Hier liegt auch Mvezo, der Geburtsort von Nelson Mandela. Oder man erkundet eines der Wildreservate, um die Big Five, Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard, hautnah zu erleben.
Uns interessiert natürlich, was hier kulinarisch so passiert, weshalb wir uns mit Christine Simpson treffen. Vor sechs Jahren verließ die Küchenchefin Südafrika, um in England in der berühmten Kochschule Leith in London zu arbeiten. Vor drei Jahren kehrte sie in ihre Heimat zurück. Ihr Resümee: „Früher hat man hier sehr einfach gekocht, aber mittlerweile gibt es lebendige Nacht- und Wochenendmärkte mit einem großartigen Angebot. Dazu hat sich auch in der Landwirtschaft einiges verändert.“
Vorzeigetauglich sind vor allem auch die Austernfarmen, etwa die der Knysna Oyster Company. Einige Hundert Meter vor der Küste wird hier die Pazifische Auster gezüchtet und die erreicht schon nach sechs Monaten die gewünschte Größe, da das Wasser reich an Plankton und dazu sehr sauber ist. Anders als in Europa muss es deshalb nicht durch UV-Bestrahlung sterilisiert werden. Die Austern selbst haben einen süßlichen Geschmack, eine cremige Konsistenz und werden sowohl gekocht als auch roh serviert, wie etwa im Asada. Hier bietet Küchenchef und Inhaber Mark Oosthuizen die Delikatesse roh, geräuchert und gebraten an. Roh kredenzt er sie am liebsten mit Tabasco, schwarzem Pfeffer und Zitrone oder mit Koriander und Papaya. Wer Fisch bevorzugt, kommt ebenfalls auf seine Kosten: Er wird über einer offenen Feuerstelle, wie man sie aus Argentinien kennt, zubereitet. Mit etwas Glück steht sogar die seltene und exklusive Goldbrassenart, die von den Locals Miss Lucy genannt wird, auf dem Menü. Ihr Bestand wird streng kontrolliert. Oft ist als Tagesfang Yellowtail, eine Gelbschwanzflunder im Angebot. Dazu passt ein Weißwein vom Westkap. Wir wählen einen Sémillon/Sauvignon Blanc/Pinot gris. Auch Oosthuizen verließ übrigens einst Südafrika, um acht Jahre lang im Ausland zu kochen und dann mit neuen Ideen ans Ostkap zurückzukehren. Die Erfahrungen, die diese junge Generation in fernen Ländern macht, haben die Küche des Landes positiv beeinflusst und auf kreative Weise modernisiert.
Ein Klassiker bleibt das Familienunternehmen Fred Heydenrych. Seit 1905 ist die Firma ein wichtiger Fleischproduzent der Region, der Großvater schlachtete die Rinder lange Zeit unter einem Baum in dem kleinen Ort Jansenville. Heute servieren der Besitzer und seine Frau Anna in ihrem Lokal Frederick and Son grandiose Burger und Boeries, eine Art Hot Dog mit einer Wurst aus gegrilltem Rindfleisch. Ihre Philosophie: Slow statt Fast Food. „Unser Rindfleisch ist zu 100 Prozent Rindfleisch. Gleiches gilt für unsere Lamm-Patties. Bei den Gewürzen halten wir es schlicht. Zudem wachsen auf der Weide Pflanzen, die eine pfeffrige und würzige Note haben. Dieser Geschmack steckt dann auch im Fleisch.“
Die Textur der Heydenrych-Burger ist einzigartig und alles andere als krümelig oder trocken. Dazu kreiert Anna tolle Toppings für die 150-Gramm-Patties. Etwa eine Hoisin-Mayonnaise, die Fred übrigens besonders gern mag. Wir entscheiden uns für die Variante namens Hansie mit Ziegenkäse, Roter Bete, Rucola und frittiertem Salbei sowie für einen doppelten Lamm-Burger mit Chimichurri, Kräuterbutter und roten Zwiebeln. Köstlich! Genau wie die Boeries mit karamellisierten Zwiebeln, Jalapeños, Blauschimmelkäse, Tomaten-Relish und einer Sauce mit Feta. In unmittelbarer Nachbarschaft vom Frederick and Son im Baakens Valley gibt es übrigens noch einige weitere innovative Geschäftskonzepte, etwa den Eisladen Han-Made sowie eine Rumdestillerie. Das Viertel liegt nur wenige Hundert Meter vom Hafen entfernt.
Als einst niederländische Segler hier landeten, mündete der lokale Fluss noch in den Ozean. Nach einer langanhaltenden Dürre trocknete er aber aus und ist heute nur noch ein schmales Rinnsal. Um 1799 errichteten dann die Briten Fort Frederick auf einer Klippe, um den Hafen zu schützen. Als es keine Verbindung mehr zum Meer gab, verkam die Gegend zu einem recht unansehnlichen Industriegebiet, bis sie vor einiger Zeit neu belebt wurde und mittlerweile zum Trendviertel avanciert ist.
Das beweist auch die Trattoria Remo’s, die ganz in der Nähe in einer Halle namens Chicky’s Yard untergebracht und ein beliebter Treffpunkt der Szene ist. Warum? Vornehmlich wegen der faszinierenden Geschichte der Betreiber, die ein wenig an die italo-amerikanische Mafia-Serie Sopranos erinnert. Michelle Puggia führt die Geschäfte. Sie gehört zur Familie Scribante, die auch in Durban eine Trattoria mit dem Namen Remo’s eröffnete. Dante Cicognini ist der Besitzer des Ladens in PE. Seinem Vater, der ebenfalls Remo heißt, gehört der Komplex Chicky’s Yard. Eine interessante Verbindung, die Stoff für Gerüchte liefert. Aber egal, den Nerv der Zeit trifft das lebhafte Remo’s allemal, schließlich steht genau das auf der Karte, was beim trendbewussten Publikum gerade angesagt ist: Sott’olio Antipasti (Gemüse in Öl), Ciabatta und Pizza mit einer großartigen Kruste aus einem traditionellen Holzofen (Kameeldoring ist ein beliebtes Holz in Südafrika und erzeugt eine starke Hitze) sowie herrliche, mit Butternusskürbis gefüllte Ravioli.
Sterne-Küche sucht man hier übrigens vergeblich. Es gab zwar einige Versuche, sie zu etablieren, aber niemand legte besonderen Wert darauf, sodass die Restaurants nach relativ kurzer Zeit wieder geschlossen wurden. In PE schätzt man die einfache, frische Küche. Vor allem in den Vororten entlang der Küste von Summerstrand bis zur Blue Horizon Bay gibt es tolle Lokale inklusive fantastischer Aussicht, wie etwa das Sacramento oder das Café Grass Roof, in dem Gäste nicht nur schlemmen, sondern auch alles für ein Picknick bekommen. Dazu gibt’s Kaffee von Südafrikas ältestem Kaffeeröster James Masterton.
Wer nicht die ganze Zeit am Strand oder im The Boardwalk Casino verbringen möchte, plant einen Ausflug zu einem Safari-Park. Der Addo-Elefanten-Nationalpark liegt in unmittelbarer Nähe, ebenso das Reservat Amakhala. Etwa eine Stunde dauert die Fahrt von Port Elizabeth nach Schotia. In dem Reservat mit Löwen und Elefanten können Gäste entweder zelten oder ganz luxuriös in einer Hochzeitssuite nächtigen. Das Frühstück wird in einem traditionellen Lapa, einem offenen, meist runden Gartenhaus, serviert. Abends trifft man sich dort auch zum Braai (Barbecue).
Das Safari- und Wildreservat Shamwari liegt etwa 75 Kilometer von PE entfernt und punktet mit sehr hochwertigen Lodges, die auch bei den Stars aus Hollywood beliebt sind. Die Preise sind dementsprechend nicht gerade günstig. Adrian Gardiner ist der Mann hinter dem mehrfach ausgezeichneten Park. Dazu besitzt der Visionär ausgewählte Luxus-Hotels in aller Welt, in seiner Wahlheimat Port Elizabeth etwa das No5 by Mantis mit exklusiver Champagner-Lounge und einem eigenen Kino.
Aber genug vom Luxus. Gerade Port Elizabeth beweist: Manchmal sind es die einfachen Dinge, die wirklich gut sind. Wie etwas Snoek, Spekboom und Potbroodje. Obendrauf gibt es reichlich Bier – am liebsten von Ben Koppen. Und das Gefühl, gerade das echte Südafrika zu erleben, das erhält man gratis dazu.
Wo man am besten übernachtet
The Beach Hotel Ein klassisches Haus, das von seinen Gästen aus aller Welt sehr geschätzt wird. Die Zimmer im Erdgeschoss sind größer und moderner. Und wie der Name sagt, liegt es direkt am Strand gegenüber des Shark Rock Pier. DZ ab 124 Euro, Marine Drive, Summerstrand, +27-41-5832161, http://thebeachhotel.co.za
Founder’s Lodge Ein Luxus-Resort in einer atemberaubenden Gegend etwa 85 Kilometer von Port Elizabeth entfernt. In unmittelbarer Nähe gibt gibt es einige der besten Naturreservate der Gegend. Im Preis inbegriffen ist der Zutritt zum Safari- und Wildreservat Shamwari. DZ ab 1056 Euro, Sidbury, Eastern Cape, +27-41-4049316, http://founderslodgebymantis.com
Hacklewood Hill Country House Nur zehn Minuten vom Flughafen entfernt liegt dieses viktorianische Haus in dem Vorort Walmer. DZ ab 190 Euro,152 Prospect Road, Walmer, +27-41-5811300, http://hacklewood.co.za
No5 Das Hotel mit den schönen Art-Déco-Elementen – sowohl innen als auch außen – gehört zur Mantis-Gruppe. Es gibt insgesamt zehn Suiten. Die Ruhe und Privatsphäre ist herausragend. DZ ab 145 Euro, 5 Brighton Drive, Summerstrand, +27-41-5026000, http://no5boutiquearthotel.com
The Windermere Auch dieses Haus gehört zur Mantis-Gruppe. Es ist wesentlich mehr als ein typisches Bed & Breakfast, aber kein ruhiges Boutique-Hotel wie andere Häuser der Gruppe. Dennoch gibt es reichlich Extras für die Gäste wie Bademäntel, Toilettenartikel, einen Pool und eine tolle Bar. Das Personal ist freundlich, aber nicht aufdringlich. DZ ab 96 Euro, 35 Humewood Road, Humewood, +27-41-5822245, http://thewindermere.co.za
Essen
Wenn nicht anders angegeben, gelten die genannten Preise für zwei Gänge und ein Glas Wein oder Bier.
Asada Besitzer Mark Oosthuizen ließ sich von dem argentinischen Koch Francis Mallmann inspirieren. Er räuchert selbst und hat eine für Argentinien typische Feuerstelle in seinem Lokal. Sein Lamm kommt aus der Halbwüste Karoo, die Austern stammen aus der Bucht. Dazu gibt es immer einen frischen Tagesfang. Sein erstes Lokal Fushin liegt in unmittelbarer Nähe und serviert u. a. Tapas. Etwa 22 Euro, 28 Stanley Street, Richmond Hill, +27-41-5821981, http://asadarestaurant.co.za
Friendly Stranger Toller Blick auf das Baakens Valley und ein beliebter Treffpunkt. Bis 16 Uhr (sonntags bis 14 Uhr) gibt es Frühstück, Pizza und Kuchen. Interessant: die kunterbunte Dekoration des Lokals. Etwa 9 Euro, 1 Bridge Street, South End, +27-82-5608888
Grass Roof Bio-Restaurant und Hofladen in einem. Man kann sowohl vor Ort essen und einen Kaffee genießen als auch einkaufen, was man für ein ausgiebiges Picknick benötigt. Etwa 8 Euro, Cnr New Seaview and Heron Road, Sardinia Bay, +27-41-3662379, http://grassroof.co.za
Muse Das Ehepaar Allan und Simone Bezuidenhout führt dieses entspannte Restaurant, in dem sogar moderne Molekular-Küche wie Paté vom geräucherten Snoek serviert wird. Aber auch Lamm-Karree mit einer Kräuter-Senf-Kruste steht auf der Karte. Etwa 22 Euro, 1b Stanley Street, Richmond Hill, +27-41-5821937, http://muserestaurant.co.za
Remo’s Mehr als nur ein Italiener: Die Küche ist fantastisch, und die Stimmung in dem Lokal spiegelt das Feeling der Stadt wider. Hier ist immer etwas los, und dazu wird ausschließlich mit qualitativ sehr hochwertigen Zutaten gekocht. Etwa 22 Euro, Alabaster Road, Baakens Valley, +27-60-9980789, http://remos.co.za
Sacramento Ein typisches Lokal, das in dem malerischen Vorort Schoenmakerskop liegt und bei so gut wie jedem für einen Snack oder entspanntes Essen bekannt ist. Etwa 11 Euro, 32 Marine Drive, Schoenmakerskop, +27 41 366 2312
Two Olives Diese Tapas-Bar in der Stanley Street sollte niemand unterschätzen. Denn es gibt einige wirklich geniale Leckereien auf der Karte. Zu den Highlights zählen Austern, geröstete Markknochen und Ochsenschwanz. Probieren Sie sich am besten einfach durch. Etwa 17 Euro, 1 Stanley Street, Richmond Hill, +27-41-5850371
Nicht verpassen
SAFARI-PARKS Addo-Elefanten-Nationalpark Das größte Reservat liegt gleich in der Nähe von PE. Eintritt ab 16 Euro. Chalets ab 73 Euro bei Zweierbelegung. Paterson Road, Addo, +27-42-2338600, http://sanparks.org Amakhala Besonders bei britischen Besuchern ist dieser Park beliebt. DZ (mindestens zwei Nächte) in einem Zeltcamp gibt es ab 350 Euro. In der Bukela-Lodge mit Terrasse kostet das DZ ab 634 Euro. Grahamstown, +49-322-21091520, http://amakhala.co.za Schotia Das familiengeführte Reservat ist zwar klein, aber mit großer Sicherheit sehen die Gäste Löwen und Elefanten. Tagestour „Tooth and Claw“ ab 86 Euro p. P., Tour mit Übernachtung im DZ-Zelt ab 144 Euro. Paterson, +27-42-2351436, http://schotiasafaris.co.za Shamwari Hier hat man beste Chancen, die Big Five zu sehen und auch einen Hollywoodstar. Brad Pitt war schon Gast. Eagles Crag Lodge, DZ ab 1640 Euro, Paterson, +49-208-4445424, http://shamwari.comMichael Raffael und Mark Parren Taylor reisten mit Unterstützung von South African Tourism nach Port Elizabeth. http://southafrica.net
This article was published on 3rd April 2019 so certain details may not be up to date.